Google Analytics ist ein mächtiges Tool zur Webanalyse – und dazu auch noch kostenlos. Dennoch bekommt man es nicht umsonst. Der Preis besteht darin, Google vollständigen Einblick in seine Website-Aktivitäten zu gewähren. Wer dabei kein mulmiges Gefühl bekommt, sollte sich eventuell intensiver damit befassen, welche Unmengen an sensiblen Informationen bei Google einlaufen und wie diese sich verknüpfen – beziehungsweise missbrauchen – lassen. Doch es gibt durchaus gute Webanalyse-Software als Alternativen. Zwei dieser Webtracker – OWA (Open Web Analytics) und Piwik (Nachfolger von phpMyVisites) – haben in den letzten Tagen größere Updates vorgelegt, weshalb ich sie hier kurz vorstelle.
OWA und Piwik sind kostenlos und Open Source, und sie lassen sich vollständig auf dem eigenen Server betreiben, es gelangen dann also keine vertraulichen Daten in die Hände Dritter. Beide Webanalytik-Programme erstellen Traffic-Analyse in Echtzeit, ohne dazu auf die Log-Dateien des Servers zuzugreifen; technologisch basieren sie auf PHP/MySQL (Server) und JavaScript (Tracking-Code).
OWA – Open Web Analytics
Die Webanalyse-Software OWA (derzeit Version 1.4.1) macht zunächst einen sehr professionellen Eindruck. Die Installation der Software auf dem Server sowie die Integration des Tracking-Codes in die Websites sind unproblematisch, und schon wenige Minuten später kann das Web-Controlling beginnen. Die Fülle der Features und Funktionalitäten wirkt beeindruckend: Neben den elementaren Auswertungen (Seiten- und Besucher-Analyse) bietet OWA auch beispielsweise Click Heatmaps und DOM Click Tracking.
OWA Dashboard
Closer Look: Die OWA Heatmap
So eine Heatmap ist natürlich ein verlockendes Feature. Zwar ist ihre Aussagekraft in Clickstream-Analysen begrenzt, aber sie liefert wertvolle Hinweise hinsichtlich Usability und Informationsarchitektur. Die Heatmap von OWA ist in der aktuellen Version aber offenbar noch nicht ausgereift. Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass die heißen Bereiche komplett etwa 15 Pixel nach oben verschoben wiedergegeben sind – ein Fehler, der in fataler Weise völlig falsche Auswertungen zur Folge haben könnte:
Customizing
Die Aufgabenstellungen im Webtracking können sehr unterschiedlich ausfallen, entsprechend flexibel sollte auch das dazu verwendete Tool sein. Neben periodischen oder Kampagnen-begleitenden detaillierten Auswertungen ist beispielsweise für uns sehr wichtig, dass wir täglich bei einer großen Anzahl von Webprojekten auf einen Blick auffällige Entwicklungen erkennen können. Hierzu erwies sich OWA für uns jedoch als ungeeignet, da dessen Dashboards bzw. die Gesamtfunktionalität nicht an individuelle Bedürfnisse angepasst werden können.
Dokumentation & Support
Die Dokumentation von OWA besteht aus einem noch recht spärlichen Wiki. FAQs oder ein Helpdesk fehlen, der Support erfolgt mittels einer Mailman Mailingliste. Diese Mailingliste ist nichtöffentlich, daher ist auch leider keine Verfolgung der Kommunikation mittels RSS möglich.
Piwik – Open Source Web Analytics
Auch Piwik (derzeit Version 1.2) lässt sich problemlos auf dem Server installieren bzw. in Webseiten integrieren. Der Funktionsumfang deckt sämtliche Standardauswertungen professioneller Webanalytik ab, ist jedoch nicht ganz so groß wie bei OWA. Eine Heatmap steckt (als Third Party Plugin) noch im Entwicklungsstadium, dafür kann Piwik jedoch mit einem interessanten Live-Plugin („live und in Echtzeit können Sie die Besucher auf Ihrer Webseite beobachten“) aufwarten, mit dessen Hilfe sich ebenfalls Schwächen in Usability und Informationsarchitektur auffinden lassen.
Piwik Projektübersicht
Piwik Dashboard
Customizing
Piwik lässt sich mittels zahlreicher Plugins und Widgets sehr gut an individuelle Workflows anpassen. Es stehen sowohl direkt in Piwik integrierte als auch eine wachsende Anzahl von Third Party Plugins zur Auswahl.
Dokumentation & Support
Die Piwik-Website weist noch deutliche Schwächen bezüglich ihrer Übersichtlichkeit auf (worüber man sich bewusst ist und Abhilfe schaffen möchte), aber es gibt eine Dokumentation, eine gute FAQ sowie ein lebhaftes Forum. Insgesamt strahlt das Projekt eine große Dynamik aus – im positiven Sinne, wenn man die raschen Projektfortschritte betrachtet, andererseits leidet bisweilen die Stabilität darunter. So führte beispielsweise ein nach einem Security Audit (sic!) eilig herausgegebenes Sicherheitsupdate wegen eines Fehlers im Live-Plugin für mehrere Wochen zu einem nur eingeschränkt nutzbaren Monitoring – was Piwik wohl einige Fans gekostet haben dürfte. Dieser Fehler wurde erst mit der heute veröffentlichten Version 1.2 behoben.
Piwik punktet beim Datenschutz
Da inzwischen Datenschutzbeauftragte dazu übergehen, Webworker gegenüber der widersprüchlichen deutschen Rechtsprechung bezüglich Google Analytics (bzw. dem Personenbezug von IP-Adressen) in Geiselhaft zu nehmen1 , dürften Datenschutz-Aspekte zu einem entscheidenden Kriterium bei der Auswahl einer Webanalyse-Lösung werden. Hier punktet eindeutig Piwik, da es über ein aktivierbares Plugin zur Anonymisierung von IP-Adressen verfügt. Dagegen kann OWA gegenwärtig nicht davon abgehalten werden, die vollständigen IPs in der Datenbank zu speichern, und ein entsprechendes Feature befindet sich, gemäß meiner Rückfrage an die Entwickler, auch nicht in Planung.
Piwik ist mandantenfähig
Für Agenturen, die Webanalytik im Kundenauftrag einsetzen, bietet Piwik eine professionelle Benutzerrechteverwaltung, die rollenbasiert die Zuweisung von unterschiedlichen Datensichten erlaubt. Piwik ist somit mandantenfähig.
Fußnote 1:
Siehe zum Beispiel Heise: Datenschutz im Internet: Harte Linie gegen Website-Betreiber.